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Im Interview mit Ebba Hagenberg-Miliu spricht die Stiftungsbeiratsvorsitzende des Hospizvereins Bonn über ihr ehrenamtliches Engagement

 

Frage: Ihr verstorbener Ehemann Otto Graf Lambsdorff war Schirmherr des Hospizvereins Bonn und des stationären Hospizes, nicht wahr? 

Alexandra Gräfin Lambsdorff: Ja, mein lieber Mann wurde kurz vor seinem Tode von seinem langjährigen Freund Albrecht von Cossel angesprochen, ob er ihm nicht bei der Errichtung einer Stiftung des Hospizvereins helfen wolle. Er tat dies sehr gerne und übernahm die Schirmherrschaft. Und er berief einen hochkarätig zusammengesetzten Stiftungsrat ein. 

Frage: Sie selbst haben auch diverse Ämter. Warum engagieren Sie sich ebenfalls für die Hospizarbeit?

Gräfin Lambsdorff: Nach dem Tode meines Mannes wurde ich gefragt, ob ich sein Amt des Vorsitzes dieses Stiftungsrates übernehmen wollte. Ich war dazu erst einmal nicht in der Lage: so kurz nach seinem Tod mich wieder mit dem Tod auseinanderzusetzen. Aber nach einiger Zeit habe ich begriffen, wie wichtig das ist. Und ich möchte sogar sagen, wie schön es ist, sich mit Fragen der aktiven Bewältigung des Endes des Lebens zu beschäftigen.

Frage: In welcher Funktion sind Sie heute für den Hospizverein Bonn tätig?

Gräfin Lambsdorff: Zur nachhaltigen Absicherung der Finanzierung des ambulanten Hospizvereins wurde die Hospizstiftung errichtet. Sie verwaltet das Vermögen und fördert mit den Erträgen den Hospizverein. Als Beratungsgremium dieser Stiftung wiederum ist ein Stiftungsbeirat gegründet worden. Er will sich vor allem in der Öffentlichkeitsarbeit engagieren und die Verbindung zu Spendern und Stiftern herstellen und pflegen. Faktisch treffen wir uns zweimal im Jahr und tauschen uns mit dem Vorstand und vor allem auch den Koordinatorinnen der Sterbe- und Trauerbegleiter über deren Tätigkeiten aus und besprechen, wie wir durch unsere Kontakte und Erfahrungen helfen können.

Frage: Was genau leistet also die Hospizstiftung?

Gräfin Lambsdorff: Finanziell ermöglicht sie die Errichtung und das Betreiben des ambulanten Hospizzentrums im Stadtzentrum Bad Godesbergs. Daneben aber spricht sie Multiplikatoren in der Stadt und darüber hinaus an. So hilft sie beim Verständnis für das Anliegen des Hospizgedankens. Sie hilft zu begreifen, dass Tod zum Leben gehört und nicht versteckt werden soll, sondern akzeptiert und menschenfreundlich ausgestaltet werden muss.

Frage: Welche Aufgaben stellen sich der Hospizarbeit gerade in Krisenzeiten wie heute?

Gräfin Lambsdorff: Ich finde, dass wir gerade in der jetzigen Krise eine wunderbare Gelegenheit haben, über Leben und Tod nachzudenken. Beides gehört zusammen. Wir begreifen viel besser, dass wir vor dem Tode nicht fliehen können, sondern uns mit ihm bewusst beschäftigen sollten. Dabei helfen unsere wunderbaren Koordinatorinnen zum Beispiel mit den „Letzte-Hilfe-Kursen“.

Frage: Schauen wir in Ihre Biografie. Sie wollten als Tochter der Familie von Quistorp Pilotin werden?

Gräfin Lambsdorff: Als kleines Mädchen habe ich - aus dem sehr ländlichen Ostfriesland kommend - in den USA rasant elegante Offizierinnen der amerikanischen Luftwaffe erlebt. Ich war völlig perplex, dass es auch andere Zukunftsbilder für Frauen gab als Ehefrau oder Bäuerin! Das hat mich nachhaltig beeinflusst.

Frage: Nach dem Volkswirtschaftsstudium in Bonn haben Sie zwar keine Flugzeuge, aber in der Wirtschaft gesteuert.

Gräfin Lambsdorff: Meine Berufstätigkeit habe ich in Bonn beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband begonnen. Dann bin ich zur DSL Bank in Bonn gegangen. Mit den ehemaligen Kollegen treffe ich mich bis heute. Es war eine schöne Zeit. Anschließend bin ich in verschiedenen anderen Banken gewesen. Seit 1991 bin ich in zahlreichen Ehrenämtern tätig, deren Organisationen ich zum Teil selbst gegründet habe, wie das Deutsch-Russische Forum oder meine eigene Quistorp-Stiftung.

Frage: 1975 haben Sie den nachmaligen Bundeswirtschaftsminister und Bundesvorsitzenden der FDP geheiratet. Wie lebte es sich an seiner Seite?

Gräfin Lambsdorff: Wunderschön und sehr anstrengend!

Frage: Noch einmal zu Ihren vielen Ehrenämtern. An welche Momente als Präsidentin des Internationalen Clubs La Redoute erinnern Sie sich am liebsten?

Gräfin Lambsdorff: An die Diskussionen im Anschluss an die Vorträge! Denn hier wurde jeweils sichtbar, was für hochgebildete Mitglieder der Club hat.

Frage: Und welche Aufgaben gehen Sie aktuell besonders gerne an?

Gräfin Lambsdorff: Derzeit bin ich vor allem mit der Stiftung Deutsche Demenzhilfe beschäftigt. Sie wissen, es gibt im Moment keinerlei Therapiemöglichkeiten bei Demenz. Da muss dringend mehr geforscht werden, damit wir hier in Zukunft helfen können. Bei der Krebsforschung und auch bei der Behandlung von AIDS hat es wunderbare Fortschritte gegeben, die fehlen noch bei der Demenzforschung. Deshalb brauchen wir hier viel Geld, um viele und auch mutige Forschungsansätze weiterverfolgen zu können.

Frage: Aufgrund Ihrer Tätigkeiten für mehrere Stiftungen hat Sie der Deutsche Stifterverband zudem vor einiger Zeit in seinen Stiftungsrat berufen, nicht wahr? 

Gräfin Lambsdorff: Ja, es ist mir eine besondere Freude, dort mithelfen zu können, also beim Engagement der Bürger für Stiftungsanliegen.

 

Zur Person:

Alexandra Gräfin Lambsdorff, Jahrgang 1945, wurde in die Familie von Quistorp hineingeboren. 1971 schloss sie ihr Studium an der Universität Bonn als Diplom-Volkswirtin ab. Danach arbeitete sie im Deutschen Sparkassen- und Giroverband, dann in der DSL Bank, beides in Bonn, in Luxemburg in der Landesbank Rheinland-Pfalz und dann in der Lampe-Bank Düsseldorf. Ab 1975 war sie mit Otto Graf Lambsdorff verheiratet. Zu ihren zahlreichen Ehrenämtern: Gräfin Lambsdorff war z. B. Gründerin und langjährige Schatzmeisterin des Deutsch-Russischen Forums, bis 2017 Präsidentin des Internationalen Clubs La Redoute und ist seit 2018 Mitglied des Kuratoriums der Deutschen Demenzhilfe. 

Foto: Cynthia Rühmekorf

Redaktion: Ebba Hagenberg-Miliu

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