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Sterbehilfe ist für Buddhisten keine Option. Nachgefragt bei der Deutschen Buddhistischen Union

Mit dieser Serie beleuchtet das Magazin „Dialog“ die Begleitung Sterbender im Spiegel der Weltreligionen und danach die atheistische Position. In den ersten Folgen fragten wir nach der islamischen, jüdischen und christlichen Sichtweise. Hier geht es um die des Buddhismus.

Wie wird eigentlich das Sterben im Buddhismus gesehen? Und wie gehen Buddhisten mit Sterbenden um? Darauf antwortet die Diplom Pädagogin Beate Dirkschnieder im Namen des Dachverbands Deutsche Buddhistische Union mit einem Zitat des Dalai-Lama: „Ich sehe den Tod so, wie wenn man Kleider wechselt, wenn sie alt und abgetragen sind, und nicht als letztes Ende“, sagt das geistliche Oberhaupt. „Doch der Tod ist nicht vorhersehbar: Wir wissen weder wann noch wie er uns ereilen wird. Daher ist es klug, sich auf ihn vorzubereiten, bevor es so weit sein wird.“ 

Der Tod im Buddhismus werde also als natürliche Gegebenheit betrachtet, die einen Wandel markiere, erklärt Dirkschnieder. Er sei nicht das Ende, sondern markiere die Auflösung des Körpers. „Leben und Sterben sind zwei Seiten einer Medaille“, heiße es für den tibetanischen Buddhismus. „Wie wir sterben, hängt eng mit unserem Leben zusammen.“ Und da versuche man, „einfach“ und gewahr im gegenwärtigen Moment zu bleiben und sich nicht vom Wesentlichen ablenken zu lassen. 

Buddhismus und moderne Hospizbewegung

Die Pädagogin hat selbst 25 Jahre in einem stationären Hospiz gearbeitet. Der Buddhismus habe mit der modernen Hospizbewegung zwei große Gemeinsamkeiten, sagt sie: Das Leben werde bis zum letzten Atemzug als kostbar geschätzt. Und der Tod werde weder beschleunigt noch verdrängt. Hospizbegleiter lernten ja schon in ihren Befähigungskursen, dass es immer der Sterbende sein müsse, der selbst bestimme, was passieren solle. Auch der Sterbende mit buddhistischem Glauben wolle also nicht auf die Erkrankung reduziert werden, sondern im Austausch bleiben und eine Atmosphäre der Ruhe und Akzeptanz geschaffen bekommen, „dass er seine verbleibende Zeit so leben kann, wie es für ihn wichtig ist.“

Auch in einem stationären Hospiz solle der Sterbende die für ihn unabdingbaren Rituale leben und spirituell begleitet werden können, fordert die Vertreterin der Buddhistischen Union. Man wünsche dem Schwerkranken alles Gute auf seiner weiteren Reise und versichere ihm, mit Liebe und Gebeten weiter bei ihm zu sein. Man gebe ihm sozusagen die Erlaubnis, dass er gehen dürfe. „Lautes und intensives Weinen am Bett des Verstorbenen sollte möglichst vermieden werden“, rät Dirkschnieder, wenn der Tod eingetreten ist. „Wir gehen davon aus, dass das den Verstorbenen irritiert und dass es dadurch schwieriger für ihn wird.“

Das Leben weder verlängern noch verkürzen

Wenn ein Buddhist dem Tod nahe sei, möge er möglichst früh mit den Angehörigen über die Bestattung und alle gewünschten Rituale am Lebensende und darüber hinaus gesprochen haben, damit später alles im Sinne des Verstorbenen ausgeführt werde, rät die Vertreterin der Buddhistischen Union. In der Regel ließen sich Buddhisten kremieren, wie das auch bei Buddha selbst geschehen sei. Der buddhistische Glaube gehe davon aus, dass Körper und Seele oder Geist sich bei der Feuerbestattung trennen. 

„Der assistierte Suizid und jede Form von Sterbehilfe ist für Buddhisten keine sinnvolle Option“, betont Dirkschneider. Das heiße aber nicht, dass das Leben um jeden Preis verlängert werden sollte. „Es gelten ähnliche Überzeugungen wie in der Hospizphilosophie: Das Leben ist kostbar, aber der Tod darf kommen, wenn die Zeit da ist.“ Das Leben werde also weder unnötig verlängert noch verkürzt.

Man lasse den Körper des Toten zuerst unberührt

Den Körper eines verstorbenen Buddhisten möge man so lange wie möglich unberührt lassen und nicht bewegen, rät die Vertreterin der Buddhistischen Union. Man tue dem Verstorbenen im Hospiz oder in einer Klinik also keinen Gefallen, ihm sofort nach dem Tod die Kleidung zu wechseln. Man vermeide es zudem, den unteren Teil des Verstorbenen zu berühren. Man setze oder stelle sich möglichst auch nicht an das Fußende, sondern bleibe in der Nähe des Kopfes. „Es wird geraten, vor anderen Körperteilen zuerst den Scheitel eines Verstorbenen zu berühren.“ Denn die tibetische Tradition lehre, dass das Bewusstsein den Körper im besten Fall über den Scheitel verlasse. 

Der Buddhismus gehe davon aus, dass der Geist des Verstorbenen noch für eine Weile bei den Zurückgebliebenen bleibe, erklärt Dirkschnieder. Jeder, der Sterbende begleitet habe, wisse aus Erfahrung, dass Verstorbene nach dem letzten Atemzug noch unterschiedlich lange „da seien“. Angehörige böten dem Verstorbenen auch noch die ersten 49 Tage nach dem Tod ihre Hilfe an: indem sie in seinem Namen Opfergaben darbringen, Kerzen entzünden, selbst Rituale durchführen und im Namen des Verstorbenen Wohltätigkeit praktizieren. Wünschenswert sei, wenn dann Freunde aus der buddhistischen Gemeinschaft die Angehörigen auch bei der Trauerfeier und Bestattung unterstützen, so Dirkschnieder. 

KONTAKT zur Deutschen Buddhistischen Union e.V., München: https://buddhismus-deutschland.de/

Von Ebba Hagenberg-Miliu

Foto: Sebastian Schroer, Deutsche Buddhistische Union

Der Beitrag ist erschienen in: Dialog 1/2022, Magazin des Hospizvereins Bonn. Online ist es hier zu lesen: https://www.hospizverein-bonn.de/seminare-kurse-termine/dialog.html

 

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