Wie können wir lernen, mit der Demenz von Schwerkranken und Sterbenden umzugehen? Der Hospizverein Bonn hat eine interne Fortbildung entwickelt.
Unsere Gesellschaft wird immer älter. Und die Wahrscheinlichkeit, Menschen mit Demenz zu begegnen, steigt automatisch an. Und was dann? Wie kann ich damit umgehen? Wie begegne ich diesen Menschen? Kann eine Kommunikation trotz eingeschränkter Kognitionsfähigkeit gelingen?
Zwei Gerontologinnen entwickelten Möglichkeiten der Kommunikation
Glücklicherweise müssen wir das Rad nicht neu erfinden. Naomi Feil und Nicole Richard haben Kommunikationsmöglichkeiten entwickelt, die für uns im Alltag unglaublich hilfreich sein können.
- Naomi Feil, Jahrgang 1932, ist eine heute neunzigjährige, in München lebende, deutschamerikanische Gerontologin. Sie hat unter der Bezeichnung Validation eine Methode für den Umgang mit dementen oder desorientierten alten Menschen entwickelt, die den Betroffenen eine bessere Lebensqualität bieten und den Pflegenden ihre Aufgabe erleichtern soll.
- Nicole Richard (1957-2014) war eine deutsche Gerontologin, die durch ihren Ansatz der Integrativen Validation für die Begleitung von Menschen mit Demenz insbesondere im Bereich der deutschsprachigen Altenpflege bekannt wurde.
Handwerkszeug für die Begegnung mit dementen Kranken
In den im Frühjahr geführten Jahresgesprächen mit unseren ehrenamtlich Mitarbeitenden wurde der Wunsch nach mehr „Handwerkszeug“ für die Begegnung mit Menschen mit Demenz sehr deutlich. Diesem Wunsch kommen wir gerne nach.
Zunächst haben wir eine zweiteilige interne Fortbildung entwickelt, die sich im ersten Teil mit den klar zu benennenden kognitiven Veränderungen und deren Ursachen und Auswirkungen befasst.
Im zweiten Teil befassen wir uns mit der Integrativen Validation von Feil und Richard. Wir erlernen ganz praktische Dinge, die im Alltag für den gelingenden Umgang mit Menschen mit Demenz nützlich sind. Natürlich ersetzt unsere Ehrenamtsfortbildung keinesfalls einen Grundkurs in Integrativer Validation. Er soll aber Interesse wecken.
Wir können natürlich keine Wunder vollbringen. Im Umgang mit kognitiv veränderten Menschen ist eine gewisse Unerschrockenheit und Angstfreiheit gefordert. Auch hier ist es wie im richtigen Leben. Die Eine besitzt möglicherweise mehr Talent als der Andere. Aber davon lassen wir uns keinesfalls abschrecken.
Den dementen Kranken immer Achtung entgegenbringen
Das kleine Einmaleins der Validation kann nur Vorteile bringen. Es handelt sich dabei nämlich nicht nur um eine Methode, sondern auch um eine Haltung. Validation wird wörtlich mit Bestätigung übersetzt und mit wertschätzender Grundhaltung gleichgesetzt. Wir begegnen einem kognitiv veränderten Menschen also mit Achtung. Das ist alles gar nicht so einfach? Stimmt! Aber viel einfacher wird es, wenn man ein paar hilfreiche Kommunikationstechniken erlernt.
Beispielsweise erfahren unsere Teilnehmenden, warum wir Menschen, die an Demenz erkrankt sind, nicht mit unserer Realität konfrontieren. Die alte Dame, die nach ihrer Mutter ruft, werden wir niemals belehren können, dass ihre Mutter sicherlich längst gestorben sein muss. Aber was können wir stattdessen tun? Wir müssen uns mit den Affekten und Antrieben eines Menschen beschäftigen, wenn wir mit ihm kommunizieren wollen. Wir können dabei lediglich aus dem Verhalten des Betroffenen unsere Schlüsse ziehen. Es ist also unerlässlich, ganz genau hinzusehen und zu erspüren, was dieser Mensch uns über sich und seine Innenwelt verrät.
Wenn Corona es uns wieder gestattet, werden wir dieses kleine Bildungsangebot gerne auch interessierten Vereinsmitgliedern und anderen Menschen unseres näheren Umfeldes zugänglich machen.
Sr. Tina Müller
Wie unsere Hospizbegleiter mit dementen Kranken umgehen:
„Das Besondere an den Begegnungen mit Menschen mit Demenz ist für mich die Möglichkeit, in „ihre Welt“ einzutauchen. Dabei ist es eine tolle Aufgabe und ein schönes Gefühl, jemandem Halt geben zu können, der seinerseits ein Stück weit Halt und Orientierung verloren hat. Mich berührt besonders die bedingungslose Ehrlichkeit der gezeigten Emotionen, die Herzlichkeit und Dankbarkeit, die ich bisher erfahren durfte.“
Uwe Brenmöhl, zertifizierter Demenzbegleiter und neuer Ehrenamtlicher im Hospizverein Bonn e.V.
Nachzulesen in: Dialog 1/2022. Magazin des Hospizvereins Bonn. Online hier: https://www.hospizverein-bonn.de/seminare-kurse-termine/dialog.html